Antinährstoffe im Vollkorngetreide – hast du davon schon mal etwas gehört? Seit ich mich und meine Familie fast ausschließlich mit Vollkorn Urgetreide ernähre, werde ich immer mal wieder mit Aussagen konfrontiert, dass  Vollkorn der Gesundheit überhaupt nicht zuträglich sei,  ja sogar ungesund sei. Warum sich manche Leute diesem Irrglauben hingeben kann ich nicht sagen. Vermutlich aus Unwissenheit. Oder sie suchen einfach nach einer Entschuldigung, dass Sie weiterhin Weißmehlbaguette und Croissant mit gutem Gewissen essen können. Baguette und Croissant sind per se nicht schlecht und dürfen ab und zu auch sein. Aber in der täglichen gesunden Grund-Ernährung haben Sie meiner Meinung nach nichts zu suchen, sondern sind eher für ein Sonntagsfrühstück oder für besondere Gelegenheiten gedacht.

Vor Kurzem habe ich dazu folgende Aussage gehört, die ich hier sinngemäß wiedergebe:

“Vollkornprodukte haben zwar mehr Ballaststoffe als beispielsweise Weißmehl, was ja erstmal positiv ist. Doch Vollkorn hat auch einige Nachteile, sodass Vollkorn ungesund ist. z.B. befinden sich in der Schale  des Korns mehr Schadstoffe, weil Gülle und Pestizide, die auf die Felder gespritzt werden, auf dem Korn hängen bleiben. Die Randschichten des Korns enthalten also nicht nur viele zusätzliche Stoffe die uns gut tun, sondern leider auch schädliche Stoffe. Die Randschichten dienen als eine Art Schutzmechanismus für das Korn und sollen Umwelteinflüsse auffangen. Unter anderem befinden sich auf dem Getreidekorn Stoffe, die der Körper überhaupt nicht verarbeiten kann. Lektine z.B. greifen beispielsweise die Darmwand an. Eine Tatsache die gerne verschwiegen wird und die dazu führt, dass es große Probleme innerhalb des Organismus geben kann…”

Leider steckt in dieser Aussage viel Un- und Halbwissen, weshalb ich diese Aussage hier richtig stellen will:

Gülle auf der Kornhülle

wenn der Bauer Gülle ausbringt, dann macht er dies im Frühjahr, bevor die Getreidekörner überhaupt gewachsen und ausgebildet sind. Außerdem befinden sich die Getreidekörner in der Ähre und sind vom Stroh umhüllt, sodass die Gülle –  selbst wenn Sie später ausgebracht werden würde – gar nicht auf das Korn kommen könnte.  Erst bei der Ernte werden die Körner durch den Mähdrescher aus der Strohhülle herausgelöst.

Bei Einkorn, Emmer und Dinkel ist zusätzlich jedes Getreidekorn nochmals von einer sehr festen, verwachsenen Strohhülle – dem Spelz –  verschlossen. Dieser Spelz wird erst in einem zweiten Arbeitsgang in einer Entspelzungsanlage der Mühle entfernt. Einkorn, Emmer und Dinkel sind somit noch besser vor Umwelteinflüssen geschützt als z.B. Weizen.

Spritzmittel

Selbst im konventionellen Anbau werden Spritzmittel nicht ausgebracht, wenn das Korn bereits entwickelt ist. Zumindest ist dies in Deutschland verboten und sollte somit bei Getreide, welches in Deutschland angebaut wird auch nicht vorkommen.

Übrigens: das Getreide von Urkornpuristen aus dem Anbau von Hecker Urkorn wird überhaupt nicht gespritzt!

Lektine im Getreide

Lektine sind Proteine, mit welchem sich eine Pflanze vor Fraßfeinden schützt. Es gibt viele Arten von Lektinen, welche zum Teil für die Gesundheit sogar sehr wichtig sind. Es gibt aber auch Lektine die giftig sind. Diese kommen z.B. in rohen Kartoffeln vor.  Daher müssen rohe Kartoffeln unbedingt vor dem Verzehr gekocht werden.

Lektine kommen in fast allen pflanzlichen Lebensmittel vor wie z.B. Reis, Kartoffeln, Mais, Getreideprodukte (übrigens auch im Weißmehl) Kuhmilchprodukte, Zucker,  Erbsen, Bohnen, Zuckerschoten, Kichererbsen, Sojabohnen, Linsen, Gurken, Zucchinis, Kürbis, Bananen, Melonen, Auberginen, Tomaten, Paprikas, Chilischoten, Knoblauch, Zwiebel,  Gojibeeren, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne, Chia, Erdnüsse, Cashew… Die Liste ist lang… (noch dazu kommt es im Fleisch vor, wenn die Tier überwiegend mit Mais oder Soja gemästet wurden)

Auf Lektine zu verzichten ist nahezu unmöglich und für den gesunden Menschen auch nicht notwendig.  Wenn man sich die Liste mit den lektinhaltigen Lebensmittel anschaut wird schnell klar, dass diese viele gesunde Nährstoffe haben, auf welche man bei einer lektinfreien Ernährung ebenfalls verzichtet müsste. Dass dieser Verzicht für die Gesundheit negativ ist und anderweitig Mangelerscheinungen mit sich führen würde ist selbsterklärend.

Natürlich gibt es Menschen bei denen der Darm bereits aufgrund einer Autoimmunkrankheit, Allergie oder chronischen Darmentzündung fehlgesteuert ist. Bei diesen Menschen könnten Lektine die vorhandenen gesundheitlichen Probleme verstärken. In diesem Fall könnte es von Vorteil sein auf eine lektinfreie bzw. lektinreduzierte Ernährung zu achten.

Die gute Nachricht:

Lektine können durch kochen, garen, wässern, gären, fermentieren, keimen oder backen deaktiviert oder zerstört werden, so dass selbst kranke Menschen nicht gänzlich auf lektinhaltige Lebensmittel verzichten müssen

Bei Brot oder Getreideprodukte z.B. gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Brot mit langer Teigführung bevorzugen
  • Sauerteigbrote bevorzugen
  • Getreide keimen lassen
  • Getreide für Frischkorngerichte über Nacht quellen lassen
  • Nudeln abkühlen lassen und nochmals erwärmen – dabei entsteht resistente Stärke, welche die Lektine bindet

Für gesunde Menschen gibt es gibt also keinen Grund, bestimmte Nahrungsmittel aufgrund von Lektinen zu meiden und damit auch auf sämtlichen wertvollen und gesundheitsfördernden Inhaltsstoffe zu verzichten.

Sauerteigbrote und Brote mit langer Teigführung solltest du trotzdem bevorzugen. Diese sind nicht nur bekömmlicher, sondern auch viel aromatischer und halten länger frisch als schnell gebackene Industriebrote. Außerdem wird bei diesen Herstellungsmethoden auch die Phytinsäure abgebaut.

Phytinsäure bindet Mineralstoffe

Die Phytinsäure zählt ebenfalls zu den Antinährstoffen im Vollkorngetreide. Sie kommt in den Randschichten des Getreides, Hülsenfrüchten, Mais, Soja und Reis vor. Sie dient der Pflanze als Speicher für Kalium, Magnesium, Kalzium, Mangen und Eisen welches der Keimling zum Wachstum benötigt. Phytinsäure kann diese Mineralstoffe an sich binden, so dass diese dem Körper nicht mehr im vollen Umfang zur Verfügung stehen.

Viele Leute greifen daher auch gerne zu Weißmehl. Bei der Herstellung von Weißmehl werden die Randschichten des Getreidekorns bereits in der Mühle entfernt. Weil sich aber alle Mineralstoffe des Getreides in den Randschichten befinden, werden diese ebenfalls entfernt. Somit stehen dem Körper weniger Mineralstoffe zur Verfügung als wenn die Phytinsäure einen Teil davon binden würde.

Natürlich wollen wir aber alle Mineralstoffe aus dem vollen Korn für uns verfügbar machen. Und genau an diesem Punkt greift wieder die Fermentation durch Sauerteig- und Langzeitführung. Bei diesem Herstellungsprozess wird nämlich die Phytinsäure abgebaut, so dass unserem Körper alle Mineral- und Vitalstoffe in vollem Umfang zur Verfügung stehen.

Fazit

Echtes Vollkorngetreide ist gesund und  bietet unserem Körper fast alle bekannten Mineralstoffe und Vitamine, welche wir durch einen richtigen Umgang und Herstellungsprozessen für uns zuträglich machen können.
Wenn du sicher sein willst, dass weder Gülle noch Spritzmittel  in deinem Vollkorngetreide / Mehl vorkommen, dann greife zu ungespritztem Spelzgetreide (Emmer, Einkorn, Dinkel) , welches nachweislich in Deutschland angebaut wurde.

Außerdem…
… Die Tatsache, dass die Menschen erst seit dem 19. Jahrhundert Weißmehl herstellen und verspeisen, macht es mir schwer zu glauben dass die Natur Auszugsmehl für uns vorgesehen hat.

 

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Über die Autorin

Stefanie Dehn

Hallo, ich bin Stefanie Dehn aus der Nähe von Heilbronn. Schon immer habe ich mich für gute, regionale Lebensmittel und eine ausgewogene Ernährung interessiert.

Als ausgebildete Ernährungsberaterin liegt mir dabei besonders das Urgetreide am Herzen. Schon lange habe ich meine Küche komplett auf Urgetreide umgestellt und bin von den wertvollen Inhaltsstoffen, der guten Verträglichkeit und dem tollen Geschmack begeistert.

Mein Wissen über Urgetreide – wie es im Körper wirkt, welche Vorteile es dir bringt, wie du es anwendest und was du alles daraus machen kannst – all das möchte ich gerne mit euch teilen.