Als der letzte Newsletter raus ging, hatte die Urkornernte bereits begonnen. Wie ich bereits erwähnt habe, hat die Natur ihre ganz eigenen Regeln, welche wir akzeptieren und uns diesen beugen müssen. Die nasse und feuchte Vegetation lies das Getreide zwar wunderschön aufwachsen. Super gesund und saftig grün stand es auf dem Feld und hat eine reiche Ernte versprochen. Wetterkapriolen, Starkregen und Hagel haben uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Das Getreide ging relativ früh ins Lager, d.h. es ist umgekippt. Zwar sind witzigerweise die Getreideähren wieder noch oben gewachsen (sie haben wacker ihre Köpfe gehoben und geduldig bis zur Ernte gewartet) jedoch sind die Getreidekörner in Ihrem Volumen nicht mehr gewachsen. Wir sind sehr dankbar, dass wir das Getreide sehr gesund ernten konnten, sind jedoch etwas enttäuscht, dass die erwartete Menge sich nicht bestätigt hat.
In diesem Newsletter “Neues vom Feld – Erntebericht” berichten wir euch, welche Arbeiten während der Ernte anfallen. Das Dreschen auf dem Feld ist vermutlich der imposanteste Teil der Ernte, welcher jedem bewusst ist. Dieser Bereich ist mit relativ wenig “Manpower” zu bewerkstelligen. Hinter der Getreideanlieferung und Einlagerung steckt aber noch viel, viel mehr. Für einen reibungslosen Ablauf ist eine sehr gute Koordination, Dokumentation und ein ziemlich flottes Team erforderlich.
Im Bericht geht es um folgenden Punkte:
- Getreideernte auf dem Feld
- Anlieferung
- Laboruntersuchungen
- Einlagerung der Getreidesorten
Getreideernte auf dem Feld
Sobald das Getreide einen Feuchtigkeitsgehalt von 15% hat, kann es gedroschen werden. Hierzu werden an mehreren Stellen des Feldes einige Körner genommen und mit einem mobilen Feuchtigskeitsmesser geprüft. Wenn das Feld z.B. an einem Waldrand liegt kann es sein, dass das Getreide auf einer Seite des Feldes bereits erntereif ist, am Waldrand aber noch ein paar Tage braucht. Manchmal wird dann auch nur ein Teil des Feldes geerntet und der zweite Teil wenige Tage später.
In vielen Ländern dieser Welt sind in solchen Fällen “Ernteerleichterungsspritzungen” erlaubt. D.h. der Landwirt darf das unreife Getreide mit Glyphosat abspritzen. Es wird dann schnell “Notreif” so dass es mit dem bereits abgereiften Getreide geerntet werden kann. In Deutschland ist dies in besonderen Fällen und auf Antrag und Prüfung zwar auch möglich, wird aber zum Glück nur sehr wenig praktiziert. Wir lehnen diese Vorgehensweise allerdings strikt ab, was wir durch die Rückstandsuntersuchungen unseres Getreides belegen.
Mit diesem Messgerät wird der Feuchtigkeitsgehalt des Getreides geprüft:
Von jeder Anlieferung wird ein Rückstellmuster entnommen, welches untersucht wird
So sieht ein Untersuchungsbericht aus:
Sobald das Getreide auf natürliche Weise auf 15% Feuchtigkeit abgereift ist, rückt der Mähdrescher an.
Der Mähdrescher schafft heutzutage pro Stunde ca. 2 ha. Hier muss bereits gut koordiniert werden, so dass immer ein Wagen auf dem Feld steht, in welchen der Mähdrescher das Getreide abtanken kann, damit keine teuren Wartezeiten entstehen
Anlieferung des Getreides
Hast du dich schon mal gefragt, wie die Menge der angelieferten Menge genau erfasst bzw. gewogen wird?
Dazu fährt das komplette Fahrzeug (Traktor mit Anhänger) auf eine große Waage, welche im Boden eingelassen ist.
Das komplette Fahrzeug wird mitsamt der Getreidemenge gewogen. Das Gewicht, die Getreidesorte und der jeweilige Acker von welchem das Getreide stammt wird auf einem Laufzettel, dem “Getreideannahmeschein” dokumentiert. Dieser Laufzettel begleitet jetzt das Getreide bis zur Einlagerung. Auf diesem werden später auch die Laborwerte dokumentiert.
Bevor der Wagen mit dem Getreide abgekippt werden darf, wird zuerst die Qualität geprüft.
Fallzahl, Feuchtigkeitsgehalt und Eiweißgehalt sind ausschlaggebende Parameter und müssen für eine gute Backqualität passen. ca. 1 kg Getreide wird aus dem Anhänger entnommen und in einen Rückstell-Musterbeutel gepackt. Diese Probeentnahme wird zusammen mit dem Getreideannahmeschein ins Labor gebracht.
Laborarbeiten
Im Labor werden folgende Untersuchungen gemacht:
- Messung der Fallzahlen
- Bestimmung des Feuchtigkeitsgehaltes
- Messung der Eiweißwerte
Fallzahlenmessung
Die Fallzahl ist eine einfache Messung zur Bestimmung der Backfähigkeit. Wenn die Stärke durch Auswuchs auf dem Feld geschädigt wurde, ist die Fallzahl klein.
Die Fallzahl ist die Zeit in Sekunden, die ein standardisierter Stab benötigt, um durch einen Stärkekleister aus Mehl und Wasser hindurchzufallen (einschließlich 60 s Rührzeit). Hat Auswuchs die Stärke geschädigt, ist die Fallzahl zu klein. Für Brotroggen muss sie höher als 75 s liegen, Backweizenwerte liegen optimal bei 200–250 s; unter 150 s ist das Mehl auswuchsgeschädigt.
Messung der Feuchtigkeit
Wenn das Getreide wider Erwarten mehr als 15% Feuchtigkeit hat, wird es noch separat getrocknet. Es darf dann nicht zusammen mit dem anderen Getreide eingelagert werden
Messung des Eiweißgehalts
Die Bestimmung des Eiweißgehalts wird mit dem selben Gerät wie die Feuchtigkeit gemessen. Die Werte im Beispiel sind perfekt!
Dieser Dinkel hat sehr gute Laborwerte und somit die perfekte Backfähigkeit. Wenn die Fallzahl im Bereich zwischen 220 und 340 liegen ist das optimal. Wenn sie niedriger als 220 liegen verliert das Getreide an Backqualität und muss als Futtermittel herabgestuft und verkauft werden. Wenn die Fallzahlen im Bereich von über 400 liegen, werden die Teige daraus “bockig” und die Backwaren daraus leicht strohig. Der richtige Erntezeitpunkt ist daher sehr wichtig
Einlagerung
Abladen
Erst wenn das angelieferte Getreide alle erforderlichen Parameter erfüllt, darf es bei uns eingelagert werden: Der Traktor fährt zur sogenannten “Gosse” und kippt das Getreide ab.
Von dort gelangt es über lange Transportbänder in das hochmoderne Getreidelager.
Vorreinigung
Bevor unser Urgetreide zu den jeweiligen Zellen transportiert wird, wird es noch vorgereinigt. Staub, Schmutz, Stroh und leere Getreidehülsen, welche der Mähdrescher nicht entfernen konnte werden jetzt herausgeblasen und auf einem Anhänger abgefahren und entsorgt
Reinhard Hecker holt aus dem Gebläserohr den ausgeblasenen Schmutz. (Bild 1 + 2) Staub, Schmutz, Stroh und leere Spelzhüllen werden auf einen Anhänger geblasen, damit es abgefahren werden kann (Bild 3 + 4)
Einlagern
Das vorgereinigte Getreide und die Vesen (das sind Einkorn, Emmer und Dinkel welche noch vom Spelz umhüllt sind) werden nun in die vorgesehenen Lagerplätze transportiert.
Überwachung
Überwacht wird das alles von Frieder Lepp am Schaltschrank. Über die Bildschirme hat er das komplette Lager im Blick
Das Getreide wird jetzt gekühlt und trocken gelagert. Erst kurz vor der Verwendung wird es entspelzt und zur Mehl, Grieß, Flocken und Backmischungen verarbeitet
Über die Autorin
Stefanie Dehn
Hallo, ich bin Stefanie Dehn aus der Nähe von Heilbronn. Schon immer habe ich mich für gute, regionale Lebensmittel und eine ausgewogene Ernährung interessiert.
Als ausgebildete Ernährungsberaterin liegt mir dabei besonders das Urgetreide am Herzen. Schon lange habe ich meine Küche komplett auf Urgetreide umgestellt und bin von den wertvollen Inhaltsstoffen, der guten Verträglichkeit und dem tollen Geschmack begeistert.
Mein Wissen über Urgetreide – wie es im Körper wirkt, welche Vorteile es dir bringt, wie du es anwendest und was du alles daraus machen kannst – all das möchte ich gerne mit euch teilen.